Verbraucherkreditgesetz erschwert Kreditvergleiche

Wie kann es sein, dass der Effektivzins plötzlich niedriger als der Nominalzins ist, der auch nicht mehr Nominalzins sondern jetzt Sollzins heißt? Seit Juni dieses Jahres sind mit dem Verbraucherkreditgesetz neue Regeln zum Schutz von Kreditkunden in Kraft. Doch, was als Schutz gedacht war, entpuppt sich als verwirrende Aktion der Regierungskoalition, die viele Fragen offen lässt. Dabei sollte die Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie der EU nicht für weniger, sondern für mehr Transparenz sorgen. Die neue Richtlinie schreibt jetzt vorvertragliche Informationen (VVI) vor. Das gilt für Raten- und Überziehungskredite, findet aber auch für Immobiliendarlehen Anwendung.

Den Kunden, die sich um einen Kredit oder ein Darlehen für die Baufinanzierung bemühen, sollte mit der neuen Vorgabe, die im Justizministerium entwickelt wurde, Gutes widerfahren. Transparenz beim Effektivzins und bei der Vermittlerprovision wollte der Gesetzgeber dem Verbraucher angedeihen lassen. Doch schon beim Effektivzins herrscht jetzt größere Verwirrung als zuvor, weil eine Vergleichbarkeit der Angebote der Kreditinstitute nicht mehr gewährleistet ist. Positiv ist, dass jetzt in den Effektivzins eines Kredits alle Kosten mit eingerechnet werden. Dazu gehören die der Bearbeitung, die Schätzung, der Kontoführung bei obligatorischer Kontoeröffnung und die der Abschluss- und Verwaltungskosten einer gleichzeitig angeschlossenen Kapitallebens- oder Rentenversicherung. Auch die anteilige Abschlussgebühr eines Bausparvertrags bei Sofortfinanzierungen, der Ausgabeaufschlag und die Verwaltungskosten bei einem Fondssparplan zur Tilgung fließen mit ein. Die Kosten einer nicht obligatorischen Restschuldversicherung, die ebenfalls mitfinanziert werden, bleiben jedoch weiterhin unberücksichtigt. Problematisch ist jetzt, dass Banken die Kosten auf unterschiedliche Laufzeiten verrechnen. Nicht nur auf die Zinsfestschreibungszeit wie bisher, sondern manche auf die Gesamtlaufzeit. Das senkt den Effektivzins.

Vorteilhaft für den Kreditnehmer ist jetzt auch, dass er über die Höhe der Provision des Vermittlers exakt informiert werden muss. Die Liste der Ungereimtheiten und Nachteile der neuen gesetzlichen Regelung setzt sich mit der unterschiedlichen Behandlung der Offenlegung von Provisionen fort. Erfolgt die Beratung und Vermittlung direkt durch einen angestellten Bankmitarbeiter, muss die Provision, die der Bankangestellte erhält, nicht offen gelegt werden. Freie Vermittler müssen ihre Provision dem Kreditinteressenten ausdrücklich nennen. In die Effektivzinsberechnung gehen jedoch beide Provisionen ein.

Ein Honorar, das dem Kunden für eine Beratung berechnet wird, muss dagegen offen gelegt und vorab der Bank mitgeteilt werden. Das Honorar geht dann in die Effektivzinsberechnung ein. Es gibt jedoch Banken, die sich weigern, mit Honorarberatern zusammenzuarbeiten. An diesem Punkt versagt der Verbraucherschutz.

Tritt ein „Vertrauensmann“ oder „Tippgeber“ auf, ist die Sache wieder anders. Dann entfällt die Pflicht zur Aufklärung über die Zahlung an den Tippgeber. „Der Kunde erfährt nicht, in welcher Höhe die Tippgeber-Provision fließt“, kritisiert der vereidigte Sachverständige Ralf Nomrosky. „Der Verbraucher kann nicht davon ausgehen, wenn keine Provision genannt wird, dass auch keine Tippgeber-Provision fließt.“

Unklare Richtlinie

Den größten Wirrwarr veranstaltet die neue Richtlinie beim Effektivzins. Baufinanzierung laufen oft über 20 oder 25 Jahre, jedoch erstreckt sich die erste Zinsfestschreibungsperiode vielleicht nur über zehn Jahre. Üblicherweise findet sich im Vertrag der Passus, dass wenn keine neue Festzinsvereinbarung zu Stande kommt, das Darlehen variabel weiter verzinst wird. Dann hat sich der vermeintliche Anschlusszins für die restliche Laufzeit am heutigen variablen Zins zu orientieren. Das kann zu einem Effektivzins führen, der niedriger als der Nominalzins ist. Doch nicht alle Banken praktizieren das so, da sie den jetzigen variablen Zins nicht als mögliche Größe für den Anschlusszins in zehn Jahren sehen. Die meisten Darlehen laufen mit einem neu vereinbarten festen Sollzins weiter. Somit ist eine Vergleichbarkeit des  Effektivzinses nicht mehr gegeben oder ist viel komplizierter geworden.

„Die neuen gesetzlichen Regelungen weisen viel zu viele Schlupflöcher für die Manipulation des Effektivzinses auf“, geht Nomrosky mit der neuen Regelung hart ins Gericht.