Monthly Archives: März 2016

Verbraucherkreditgesetz

Verbraucherkreditgesetz erschwert Kreditvergleiche

Wie kann es sein, dass der Effektivzins plötzlich niedriger als der Nominalzins ist, der auch nicht mehr Nominalzins sondern jetzt Sollzins heißt? Seit Juni dieses Jahres sind mit dem Verbraucherkreditgesetz neue Regeln zum Schutz von Kreditkunden in Kraft. Doch, was als Schutz gedacht war, entpuppt sich als verwirrende Aktion der Regierungskoalition, die viele Fragen offen lässt. Dabei sollte die Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie der EU nicht für weniger, sondern für mehr Transparenz sorgen. Die neue Richtlinie schreibt jetzt vorvertragliche Informationen (VVI) vor. Das gilt für Raten- und Überziehungskredite, findet aber auch für Immobiliendarlehen Anwendung.

Den Kunden, die sich um einen Kredit oder ein Darlehen für die Baufinanzierung bemühen, sollte mit der neuen Vorgabe, die im Justizministerium entwickelt wurde, Gutes widerfahren. Transparenz beim Effektivzins und bei der Vermittlerprovision wollte der Gesetzgeber dem Verbraucher angedeihen lassen. Doch schon beim Effektivzins herrscht jetzt größere Verwirrung als zuvor, weil eine Vergleichbarkeit der Angebote der Kreditinstitute nicht mehr gewährleistet ist. Positiv ist, dass jetzt in den Effektivzins eines Kredits alle Kosten mit eingerechnet werden. Dazu gehören die der Bearbeitung, die Schätzung, der Kontoführung bei obligatorischer Kontoeröffnung und die der Abschluss- und Verwaltungskosten einer gleichzeitig angeschlossenen Kapitallebens- oder Rentenversicherung. Auch die anteilige Abschlussgebühr eines Bausparvertrags bei Sofortfinanzierungen, der Ausgabeaufschlag und die Verwaltungskosten bei einem Fondssparplan zur Tilgung fließen mit ein. Die Kosten einer nicht obligatorischen Restschuldversicherung, die ebenfalls mitfinanziert werden, bleiben jedoch weiterhin unberücksichtigt. Problematisch ist jetzt, dass Banken die Kosten auf unterschiedliche Laufzeiten verrechnen. Nicht nur auf die Zinsfestschreibungszeit wie bisher, sondern manche auf die Gesamtlaufzeit. Das senkt den Effektivzins.

Vorteilhaft für den Kreditnehmer ist jetzt auch, dass er über die Höhe der Provision des Vermittlers exakt informiert werden muss. Die Liste der Ungereimtheiten und Nachteile der neuen gesetzlichen Regelung setzt sich mit der unterschiedlichen Behandlung der Offenlegung von Provisionen fort. Erfolgt die Beratung und Vermittlung direkt durch einen angestellten Bankmitarbeiter, muss die Provision, die der Bankangestellte erhält, nicht offen gelegt werden. Freie Vermittler müssen ihre Provision dem Kreditinteressenten ausdrücklich nennen. In die Effektivzinsberechnung gehen jedoch beide Provisionen ein.

Ein Honorar, das dem Kunden für eine Beratung berechnet wird, muss dagegen offen gelegt und vorab der Bank mitgeteilt werden. Das Honorar geht dann in die Effektivzinsberechnung ein. Es gibt jedoch Banken, die sich weigern, mit Honorarberatern zusammenzuarbeiten. An diesem Punkt versagt der Verbraucherschutz.

Tritt ein „Vertrauensmann“ oder „Tippgeber“ auf, ist die Sache wieder anders. Dann entfällt die Pflicht zur Aufklärung über die Zahlung an den Tippgeber. „Der Kunde erfährt nicht, in welcher Höhe die Tippgeber-Provision fließt“, kritisiert der vereidigte Sachverständige Ralf Nomrosky. „Der Verbraucher kann nicht davon ausgehen, wenn keine Provision genannt wird, dass auch keine Tippgeber-Provision fließt.“

Unklare Richtlinie

Den größten Wirrwarr veranstaltet die neue Richtlinie beim Effektivzins. Baufinanzierung laufen oft über 20 oder 25 Jahre, jedoch erstreckt sich die erste Zinsfestschreibungsperiode vielleicht nur über zehn Jahre. Üblicherweise findet sich im Vertrag der Passus, dass wenn keine neue Festzinsvereinbarung zu Stande kommt, das Darlehen variabel weiter verzinst wird. Dann hat sich der vermeintliche Anschlusszins für die restliche Laufzeit am heutigen variablen Zins zu orientieren. Das kann zu einem Effektivzins führen, der niedriger als der Nominalzins ist. Doch nicht alle Banken praktizieren das so, da sie den jetzigen variablen Zins nicht als mögliche Größe für den Anschlusszins in zehn Jahren sehen. Die meisten Darlehen laufen mit einem neu vereinbarten festen Sollzins weiter. Somit ist eine Vergleichbarkeit des  Effektivzinses nicht mehr gegeben oder ist viel komplizierter geworden.

„Die neuen gesetzlichen Regelungen weisen viel zu viele Schlupflöcher für die Manipulation des Effektivzinses auf“, geht Nomrosky mit der neuen Regelung hart ins Gericht.


Sollzins – gebundener Sollzins – Nettodarlehensbetrag – Auszahlungsbetrag – Effektivzins

Am Tisch mit einem Bankberater ist es zumeist zu spät. Bevor sich ein Verbraucher um einen Baukredit bemüht, sollte er die wichtigsten Begriffe kennen, mit denen ihn der Berater konfrontiert. Redet dieser von einem Nominalzins, meint er den neuen „Sollzins“. Diese beiden Begriffe sind identisch. Kommt dann die Sprache auf den „gebundenen Sollzins“, meint der Berater den Nominalzins mit einer Zinsfestschreibung. Inhaltlich nicht deckungsgleich sind der „Nettodarlehensbetrag“ und der „Auszahlungsbetrag“. Verwundert stellt man fest, dass vom Nettodarlehensbetrag noch Gebühren oder Versicherungsbeiträge abgezogen werden können. Der Rest ist dann der Auszahlungsbetrag Kreditnehmer erhält. Der Auszahlungsbetrag muss aber nirgends genannt werden, obwohl der Bauherr nur mit diesem Betrag sein Haus bezahlen oder der Autokäufer sein Auto bezahlen kann. Fragt man einen Banker, was der Unterschied zwischen dem Gesamtkreditbetrag, dem Nettodarlehnsbetrag, den Gesamtkosten und dem Gesamtbetrag ist, dürfte er ohne Studium des Gesetzes auch nicht weiterkommen. Ärgerlich ist eine Umdeutung der üblichen Begriffe, da sie beim Verbraucher letztendlich nur Verwirrung schafft. Eine dem deutschen Sprachgebrauch entsprechende Begriffsklärung würde hier allen helfen.

Was den Effektivzins angeht, darf der potentielle Kreditnehmer prinzipiell keine der nachfolgenden Grundfragen vergessen: Auf welche Laufzeit wurde der Effektivzins berechnet? Wie lautet der Anschlusszins? Auf welche Laufzeit sind die Gebühren verteilt? Wie hoch ist der tatsächliche Auszahlungsbetrag? Welche Provisionen fließen in welcher Höhe? Ob das allein einen exakten Vergleich von Effektivzinsangeboten ermöglicht, ist jedoch stark zu bezweifeln.


Qualifikation und Qualität in der Honorarberatung

Honorarberatung steht nicht gleich für Qualität

Einige Verbände und Verbünde haben die Zeichen der Zeit erkannt und lassen jetzt die Honorarberatung als Silberstreifen am Horizont leuchten. Honorarberatung als Rettungsanker in Zeiten der Finanzkrise und Garant für gute Beratung? Weit gefehlt. Honorarberatung trifft nicht unbedingt die Erwartung des Kunden an eine qualifizierte Beratung. Dass die Kundeninteressen im Mittelpunkt der Beratung stehen, ist auch nicht selbstverständlich. „Statt auf Provisionsbasis werden jetzt die Produkte gegen Honorar verkloppt“, so die Beobachtung eines Branchenkenners. Der Kunde sucht eine Beratung, weil ihm in der Regel die Fachkenntnisse und die ausreichende Zeit fehlen, eine fundierte Anlageentscheidung zu treffen. Er ist davon abhängig, dass der Berater für ihn nach entsprechenden Kriterien die Vorauswahl trifft. Doch die Beurteilung der einwandfreien Auswahl und Gewichtung der Kriterien – mit diesem „höherwertigen“ Sachverstand ist der Kunde einfach überfordert. Er kann seinem Berater nur vertrauen, dass die Qualität des Beratungsergebnisses stimmt. Dann schützen nur zwei Voraussetzungen vor einer falschen Beratung: Ausschaltung der Interessen Dritter durch die Trennung von Beratung und Verkauf und eine ausreichende Qualifikation des Beraters, die von unabhängiger Stelle testiert wurde.
Die „Qualitätsinitiative Verbraucherfinanzen“ des Verbraucherministeriums geht in die richtige Richtung. Neben einer generellen Berufsqualifikation wird ein neues Berufsbild „Kapitalanlageberater/Finanzberater/Honorarberater“ initiiert. Ähnlich den Berufen Versicherungsberater, Rentenberater oder Steuerberater soll es „für eine bessere Unterscheidbarkeit und Verlässlichkeit“ sorgen. Für die notwendige Qualifikation mit fachübergreifenden Kenntnissen kämen abgeschlossene akademische Ausbildungsgänge der Volks- und Betriebswirtschaft mit fachgebundenen Schwerpunkten der Finanz- Versicherungs- oder Bankbetriebswirtschaft in Frage. Ergänzt um eine dreijährige praktische Tätigkeit im Finanzberatungssektor. Ohne fachgebundene Studienschwerpunkte sollten 6 Jahre praktische Tätigkeit nachgewiesen werden bzw. 3 Jahre und eine Zusatzqualifikation. Diese Zusatzqualifikation benötigten auch Akademiker außerhalb der Betriebs- oder Volkswirtschaftslehre. Hier bieten sich Weiterbildungsstudiengänge an, die einen Mindestumfang von 300 Stunden (Präsenz, E-Learning und Eigenstudium) aufweisen. Anbieter sind zum Beispiel: die IHK’s, (Fachwirt für Finanzberatung, Bankfachwirt, Bankbetriebswirt), Hochschulen und Fachhochschulen wie die Frankfurt School (Financial Planner, Estate Planner), FH Frankfurt (Zertifizierter Finanzplaner), ebs (Finanzökonom/CFP, Immobilienökonom, Estate Planner), FH Koblenz (Betriebswirt BAV), FH Schmalkalden (Finanzwirt), Universität Witten Herdecke (Expert in Financial Assessment). Für alle Bank- und Versicherungskaufleute sowie Fachberater für Finanzdienstleistungen wäre ebenso eine Zusatzqualifikation und eine dreijährige praktische Tätigkeit Voraussetzung. Mit der Schaffung eines eigenen beratenden Berufstandes und einer nachgewiesenen Qualifikation im Bereich Finanzberatung steht einer best-möglichen Beratung nichts mehr entgegen. Denn per se steht Honorarberatung heute noch nicht für Qualität.


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